Historie
Allgemeines
Die lange Tradition des Karnevals wird von vielen Menschen fälschlicherweise und in erster Linie den Bewohnern des Rheinlandes zugedacht. Wenn die Rheinländer aufgrund geschichtlicher Entwicklungen und ihrer eigenen Mentalität den Karneval sehr frühzeitig in die Wiege gelegt bekamen und durch ihre große Ausgelassenheit dieses Volksbrauchtum im deutschsprachigen Raum besonders verbreiteten, so liegen die Wurzel des bunten Treibens und der Ausgelassenheit doch ganz woanders.
Nach der Vernichtung der Eburonen durch Julius Cäsar waren die Ubier aus dem rechtsrheinischen Gebiet auf das linke Rheinufer gewechselt. Das römische Legionslager beherbergte ein buntes Völkergemisch, das sich ständig veränderte. Römische Freuden u. Reinigungsfeste, den zahlreichen Gottheiten zu Ehren, waren an der Tagesordnung.
Mit Sicherheit kann gesagt werden, das viele Dinge aus diesen Festen mit der germanischen Kultur damaliger Zeit Verbindung fanden und so auch in das Christentum einfließen konnte.
Hier kann man die Wurzeln des Karnevals vermuten. Insbesondere die Verehrung der Göttin Isis zu Begin des Frühjahres, wenn der Rhein wieder eisfrei war, könnte grundlegend gewesen sein. Der ihr zu Ehren über das Land gezogene Schiffswagen wurde von vielen Maskierten begleitet. Dieser Isis-
Erst im Mittelalter ist im Eidbuch des Rates der Stadt Köln am 5. März 1341 die erste urkundliche Erwähnung über den Karneval zu finden:Ever sal der rait zu vastavende zu geinre geseltschaf volleyst geven van der steede gude, was soviel bedeutet, daß der Rat der Stadt sich verpflichtet, zu Fastabend aus der Stadtkasse kein Geld mehr zur Verfügung zu stellen.
In den Kölner Stadtakten taucht erstmals 1780 das Wort ,,Carneval „auf. Aus dem lateinischen Wortschatz geholt, war es dem Sinn nach ,, carrne vale “ Fleisch lebewohl.
Spätestens hier verflechten sich verschiedene Wurzeln. Der Isiskult mit dem carrus navalis, die vertauschten Rollen von Herren und Knechten in der Antike auf fröhlichen Festen zu Ehren des Gottes Saturn und zu guter letzt die menschlichen Umtriebe des Festefeierns und das Fröhlichseins vor der Fastenzeit.
Rheinländer in Braunschweig
Machen wir einen Zeitsprung in das Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg. Belgier und Franzosen hatten als Auswirkung des Krieges in den Jahren 1920 bis 1922 das Land besetzt.
Die Rheinländer jedoch blieben aufrecht und ließen sich weder gängeln noch unterdrücken. Sie wiedersetzten sich mit Macht den Anordnungen der Besatzungsmächte und wurden darum verfolgt, ausgewiesen oder flüchteten aus eigenem Antrieb in das übrige Reichsgebiet . So kamen sie auch in die Städte Hannover, Göttingen, Celle und eben nach Braunschweig.
Studienrat Kämpfer, Rektor der Hoffmann-
Rheinländer werden gebeten, am Donnerstag, 17.August abends 8 Uhr zwecks Zusammenschlusses im Lindenhof zu sein.i.A. Studienrat Kämpfer.
Aufgrund dieses Aufrufes fanden sich am 17. August 1922 rund 80 Rheinländer im Lindenhof ein und gründeten zur Erhaltung des heimischen Brauchtums die Landsmannschaft ,,Vereinigung der Rheinländer „
Zum Vorsitzenden wurde Dr.Herrmanns gewählt und als Vereinsabzeichen entschied sich die Versammlung für ein grünes Wappen als Farbe des Rheinlandes mit einen weißen Querbalken, den Rhein symbolsierend. Am 11.November 1922 fand die erste öffentliche Veranstaltung im ,, Preußischen Hof “ als Gründungsfest statt.
Nur ein Jahr konnte der Vorsitzende Dr. Herrmanns sein Amt ausüben, dann trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück.
Sein Nachfolger wurde der Fabrikant Robert Jacobs. Unter seiner Leitung veranstaltete die Vereinigung der Rheinländer in jeder Session mehrere Büttenabende im damals größten Saal der der Stadt, den Städtischen Konzerthaus. Am Faschingsdienstag fand im gleichen Saal der immer gern besuchte Kostümball statt.
Robert Jacobs war zu seiner Zeit nicht nur der Vorsitzende der Rheinländer in Braunschweig, sondern auch Sitzungspräsident und Prinz. Ein karnevalistischer Tausendsassa.
Aber auch die Kinder der Mitglieder wurden nicht vergessen. Kannte man zu dieser Zeit noch nicht den Kinderkarneval, so wurde eigens für die Jugend ein großes Sommerfest veranstaltet, dessen Vorbereitung und Durchführung auch in den Händen von Robert Jacobs lag. Die Vereinigung der Rheinländer gewann unter seiner Führung durch ihre Geschlossenheit auf landsmännischer Basis ungemein viel Beachtung in der Braunschweiger Öffentlichkeit.
Das Rheinland ist frei
So kam es nicht von ungefähr, daß der doch verhätnimäßig kleine Verein seitens der Stadt eine ungemein große Aufgabe übertragen bekam. Die Vereinigung der Rheinländer sollte anläßlich der Befreiungsstunde des Rheinlandes am 30.Juni 1930, jenen Tag also, an dem die Besatzungsmächte abgezogen und das Rheinland wieder frei wurde, eine große Befreiungsfeier für Braunschweig organisieren und durchzuführen. Es wurde eine der größten friedlichen Demonstrationen in derGeschichte der Stadt und die herausragendste Veranstaltung der Rheinländer in Braunschweig. Robert Jacobs hatte es geschafft, die gesamte Stadt auf die Beine zu bringen.
Die Braunschweigische Landeszeitung, der Braunschweiger Allgemeine Anzeiger, die Braunschweiger Neueste Nachrichten und die Staatszeitung berichteten übereinstimmend in großen ganzseitigen Artikeln über die glanzvolle Freiheitsfeier in Braunschweig.
Der Auftakt fand in Holtst’s Garten an der Wolfenbütteler Straße statt. Dicht gedrängt saßen über 4000 Teilnehmer in dem geräumigen, aber für diese Veranstaltung viel zu kleinen Garten. Wer keinen Platz hatte, es waren noch Hunderte, promenierte zu den Klängen des Braunschweiger Tonkünstler-
verbliebenen Gängen.
Es wurden vorwiegend rheinische Lieder gespielt. Artur Nöll, 2. Vorsitzender der Rheinländer begrüßte die vielen Gäste in einer zündenden Ansprache. Unter den Gästen waren auch Vertreter des Braunschweigischen Staatsministeriums, an der Spitze Geheimrat und Ministerialrat Dr.Albrecht, ferner der Präsident der Staatsbank
Dr. Stübben, Regierungsrat Hoffmeister als Vertreter der Polizei sowie Vertreter aus Politik, Wirtschaft und von
vielen Vereinen.
Gegen 10.00 Uhr abends formierten sich die Teilnehmer dieser Festveranstaltung zu einen Fackelzug, an dem alle Braunschweiger Vereine und auch Gruppen aus benachbarten Ortschaften teilnahmen.
Der Zug bewegte sich, umsäumt von einer zu Tausenden zählenden Menge am Straßenrand, durch die Straßen
der Stadt zum Schloßplatz. Mit einer so überwältigenden Beteiligung hatte niemand gerechnet. Straßenbahnen und Fuhrwerke stellten freiwillig ihren Betrieb ein, um den Fackelzug nicht zu stören und Menschen nicht zu gefährden.
Eine unübersehbare Menschenmenge kam von allen Seiten auf den Schloßplatz, und das Schloß selbst, von großen Scheinwerfern angestrahlt, erhob sich taghell aus dem Dunkel der Nacht. 600 Sänger brachten das Lied
,, Frühling am Rhein “ zum Vortrag und die große Kapelle spielte daran anschließend ,,Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein.“
Sodann hielt der Vorsitzende der Vereinigung der Rheinländer Robert Jacobs vom Balkon des Schlosses, auf dem sich eine große Zahl von Ehrengästen eingefunden hatten, folgende Ansprache ( die Ansprache wird nur auszugsweise wiedergegeben, das Originalmanuskript befindet sich im Archiv der Karneval-
Deutsche Männer und Frauen!
Heute um die zwölfte Stunde schließt ein Kapitel jener Unglückszeit, welche vor mehr als 10 Jahren über uns hereinbrach. In wenigen Stunden wird die Sonne der Freiheit über den Rheinlanden aufsteigen und in diesem feierlichen Augenblick wollen wir unseren deutschen Stammesbrüdern schwören und versprechen, daß uns kein Opfer zu groß ist, die Freiheit und Wiedervereinigung mit dem geliebten deutschen Vaterland herbeizuführen.
Der Rhein wird frei ! So klingt es frohlockend in unseren Herzen. Der Gedanke erfüllt uns mit solcher Wucht, daß wir es hinausrufen möchten in alle Lande. Nur noch wenige Minuten sind es und der denkwürdige Augenblick ist da, wo die Rheinländer ausrufen können: Die fremden Truppen sind fort, es ist ihnen nicht gelungen, den Rhein vom Deutschen Reich zu trennen. Freudenfeuer werden auf den sagenumwobenen Bergen des Rheines brennen, laute Freudenfeste wird man feiern in dem beglückenden Gefühl, wir sind frei.
Mit Freude und Stolz können wir ausrufen: Fest steht und treu die Wacht am Rhein. Die große Schande des Jahrhunderts ist zu Ende und erfüllt von Freude und Glück können wir ausrufen: Der Rhein ist frei!
Der Rhein bleibt deutsch!
Punkt Mitternacht begannen ausnahmslos alle Glocken der Stadt die Befreiungsstunde einzuläuten und das Schloß erstrahlte in bengalischer Beleuchtung. Die Musikkapelle intonierte das Lied ,, Es liegt eine Krone im tiefen Rhein“ dann ergriff Staatsbankpräsident Dr.Stübben kurz das Wort:
Die Glocken sind verklungen; sie riefen die Lebenden, sie beklagen die Toten und sie läuteten die Freiheit am Rhein ein. Das Recht hat im Rheinland gesiegt. Der Dom zu Köln spiegelt sich wieder im freien deutschen Rhein
Einigkeit und Recht und Freiheit mögen unsere Zukunft, unseres Glückes Unterfand sein. Mit diesen Gelöbnis singen wir dem deutschen Rhein zum Gruß und zu den Sternen empor das Deutschlandlied.
Damit hatte die offizielle Feier ihren Abschluß gefunden und es verging über eine Stunde, bis die mächtigen Tore des Schloßplatzes der zehntausendköpfigen Menge den Weg in die Straßen der Stadt freigegeben hatten.
Ein Jubiläum steht bevor
Wir schreiben das Jahr 1928 . Erstmals erklang als Büttenmarsch der ,,Kreuzfidele Kupferschmied“ der auch heute der Büttenmarsch der Karneval-
man versuchte sich mit einer Veranstaltung in der neuen Stadthalle am Schützenplatz. Es blieb bei dem dem Versuch, denn diese Halle konnte in keiner Weise überzeugen. 1932 wurde im Konzerthaus das zehnjährige Bestehen gefeiert und die Rheinländer waren auf einen Höhepunkt im Vereinsleben. Tagungslokal für den
Vorstand war zu dieser Zeit das renommierte Börsenhotel, das bis 1995 noch unter dem Namen Hotel Lorenz bestand.
Die Büttenabende, teilweise auch im Hofjäger veranstaltet, waren die Glanzpunkte damaligen Vereinsschaffens.
Der Präsident kletterte auch selbst in die Bütt und nahm in fast unnachahmlichen Kostümen die Wichtigkeiten und Nichtigkeiten damaliger Zeit aufs Korn. Und wenn wir heute in alten Reden und Berichten blättern, so stellen wir fest, daß alles schon einmal dagewesen ist, besonders die immer wieder gern aufs Korn genommenen Unzulänglichkeiten in Braunschweig.
Robert Jacob regierte auf seinen Sitzungen aber trotz allen Humors auch mit Härte. Für ihn hatte der Wahlspruch der Narretei ,,Allen Wohl und niemand Wehe“-
Im Herbst 1933 erfolgte bei den Rheinländern in Braunschweig ein Einbruch im Vereinsleben. Robert Jacobs gehörte nicht der regierenden Partei an und wurde aus Gleichschaltungsgründen abgesetzt. Als Nichtmitglied
der Partei wurde ihm vorgeworfen, daß er nicht fähig und in der lage sei, einen Landsmannschaftsverein zu führen. Er wurde durch die Nationalsozialisten aus den Verein ausgeschlossen. Wochenlang war Robert Jacobs
überhaupt nicht ansprechbar. Verwunden hat er diese Vorwürfe und seinen Ausschluß nie. Aber gefangen hat er sich ein wenig und trat, um karnevalistisch wieder tätig sein zu können, Mitte der dreißiger Jahre der Braunschweiger Karneval-
Die Rheinländer bekamen durch die Nationalsozialisten 1933 als Nachfolger von Robert Jacobs als neuen Vorsitzenden Willy Rütters und ab 1935 bis Juli 1937 Heinrich Breuer.
Die öffentlichen Veranstaltungen wurden weiterhin im Konzerthaus durchgeführt. Presseberichte aus dieser Zeit
schildern die ,,Kanonen“ dieser Abende wie Heinrich Breuer, Hans Freischlad, Paul Kleinert, Albrecht Aldehoff und Jupp Steinbach.
Im Juli 1937 mußte Heinrich Breuer aus gesundheitlichen Gründen den Vorsitz niederlegen und Hans Freischlad übernahm die Vereinsführung. Neuer Veranstaltungsmittelpunkt wurde der ,,Hofjäger“
Neu war das Stiftungsfest zur alljährlichen Sessionseröffnung, es folgten Nikolausfeiern für die Kinder, die Büttenabende, die Maskenbälle und im Sommer ein großer Sommernachtsball. Das Kostümfest wurde jetzt am Rosenmontag durchgeführt.
Am 11.Januar 1940 wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges das Vereinsleben gänzlich eingestellt.
Verschwundene Säle, verklungene Lieder
Die Vereinigung der Rheinländer fesselte mit ihren Büttenabenden und Bällen immer wieder so viele Braunschweiger Bürger, daß oft die größten Säle der Stadt nicht ausreichten. So wurden in einerSession immer mehrere Büttenabende und Festbälle in den damals bekannten Vergnügungs-
Blättern wir in alten Liederheften der zwanziger und dreißiger Jahre, so stellen wir fest, daß die Rheinländer zu jedem Büttenabend ein neues Karnevalslied komponiert und getextet haben.
Und immer wieder wurden in diesen Liedern der Karneval und Braunschweig selbst gepriesen.
Der Karneval regt sich wieder
Nach dem Krieg kam das karnevalistische Vereinsleben in Braunschweig doch recht schnell wieder in Gang. 1948 im Oktober/November trafen sich die in Braunschweig vorhandenen Mitglieder der Braunschweiger Karneval-
Beide Vereine kommen nicht umhin, einen Namen zu nennen, der wesentlich am Neubeginn des Karnevals in Braunschweig nach dem Krieg beteiigt war: Bernd Friedrichs, ein rheinischer Junge aus Euskirchen, den die Kriegsereignisse 1937 nach Braunschweig verschlagen hatte, gab hier Starthilfe.
Im damaligen Restaurant von dem Rheinländer Jupp Knichel an der Auguststraße in Braunschweig trafen sich
Albrecht Aldehoff, Willi Baum, Bernd Friedrichs, Paul Jacke, Peter Jung, Paul Kleinert, Bernhard Löbbens, Albert Müller, Willi Opfermann, Helmut Otterbach, Siegfried Reichelt , Peter u. Friedrich Tapesser, Michael Tigges u. Franz Tillmanns, um einen neuen Vorstand zu wählen und die erste öffentliche Veranstaltung der Rheinländer nach dem Krieg vorzubereiten.
Vorsitzender wurde Albrecht Aldehoff, weitere Vorstandsämter erhielten Franz Tillmanns und Albert Müller. Es wurde beschlossen, den ersten Büttenabend nach dem Krieg am 15.Januar 1949 im damaligen alten Schützenhaus zu veranstalten. Das Schützenhaus war erst kurz vorher von der Besatzungsmacht freigegeben worden und der damalige Gastronom Karl Schütte hatte mit den seinerzeit wenigen Mitteln, die zur Verfügung
standen, den Saal renovieren lassen.
Der Saal des Schützenhauses war am 15. Januar 1949 zum ersten Rheinischen Büttenabend beim Neubeginn bis auf den letzten Platz besetzt. Es waren ca. 550 Gäste, die dieser Saal aufnehmen konnte.
Die berühmten Veranstaltungsorte wie der „Preußische Hof“, der „Hofjäger“, „Wilhelmsgarten“ und das „Konzerthaus“ existierten nicht mehr –
Unter den Kängen des traditionsrechen Büttenmarsches der Vereinigung der Rheinländer „Der kreuzfidele Kupferschmied“ hielt der Elferrat seinen glanzvollen Einzug, angeführt von Zeremonienmeister Michael Tigges
und den Pagen Elli Müller und Inge Otterbach. Die musikalische Gestaltung lag in den Händen von August Holtmann, die Musiker rekrutierten aus der früheren Wehrmacht –
Broitzem.
Der Präsident des Neubeginns Albrecht Aldehoff begrüßte die große Narrenschar. Aktive waren zu dieser Zeit
noch rar , doch ist ein wenig vom Programm dieses Abends überliefert. Als erster Büttenredner nach dem Krieg
stieg Bernd Friedrichs in die Rheinische Bütt als „Kölsche Tünnes“, weitere Redner des Abends waren Albrecht
Aldehoff, Friedrich Tapesser und Paul Kleinert.
Die Veranstaltung war ein so großer Erfolg, dass sich der Vorstand zu einem zweiten Büttenabend, der am 26. Februar 1949 durchgeführt wurde, entschloß. Der Start war restlos gelungen. Auf dem zweiten Büttenabend
kam Willi Opfermann als weiterer Redner dazu.
Der Erfolg der Büttenabende gab den Mitgliedern der Rheinländer neuen Auftrieb. So wurde 1949 eine Vatertagstour, die im Garten von Peter Tapesser begann, im Restaurant “ Zur Erholung“ mit Akkordeon –
und Mandolinenorchester fortgesetzt wurde und in der Wohnung von Bernd Friedrichs endete, organisiert.
Im Sommer fand im Kaffeegarten des Restaurants „Zur Erholung“ an der Helmstedter Straße eine Rheinische
Dorfkirmes statt. Es wurde nur in den rheinischen Dialekten gesprochen und nach der ersten Hälfte des Tanz-
vergnügens der „Tanzgroschen“ kassiert, bevor die Kapelle zum zweiten Teil aufspielte.
Auch in den Folgejahren führten bekannte, bewährte und neue Büttenredner, so auch Hans Freischlad und Werner Reese, Albert Söns, Anni Krone und Wolfgang Brünighaus, die Besucher der stets voll besetzten Säle
zu den Höhepunkten des Karnevals. Es war wohl auch nicht übertrieben, wenn die Presse begeistert schrieb:“ Da wird selbst der Löwe verrückt, wenn die Närrinen und Narren durch das Geschehen schunkeln.“
1952 wurde im festlichen Rahmen das dreißigjährige Bestehen im Kammerkrug in Melverode gefeiert. Die
Vereinigung der Rheinländer wuchs auf 100 Mitglieder an und eroberte sich wirder einen Namen in der Stadt. Überfüllte Büttenabende im Braunschweiger Schützenhaus, aber auch in Goslar und Helmstedt prägten
das närrische Geschehen. Zu den Niklausfeiern für die Kinder der Mitglieder wurden fortan auch Waisenkinder
eingeladen. Die Session endete, wie auch schon vor dem Krieg, mit dem großen Kostümfest am Rosenmontag und dem Funkenbiwak als Dank für alle Aktiven. In den Sommermonaten trafen sich die Rhienländer zum Spargelessen und Orientierungsfarten.
Am Rosenmontag, es war der 21. Februar 1955, wurde der Vorstand der Vereinigung der Rheinländer offiziell durch die Stadt Braunschweig im Rathaus empfangen. Oberstadtdirektor Lotz hatte dazu eingeladen und würdigte die Leistungen der Rheinländer im kulturellen Leben der Stadt.
Allen wohl und niemand wehe
Diesen Sinnspruch hatte sich die Vereinigung der Rheinländer von Anbeginn auf ihre Fahnen geschrieben und dieses Wort stand auch als Leitmotiv über der Session 1962/63, in der die Rheinländer ihr vierzigjähriges Bestehen feierten.
Am 4. Oktober 1959 legte Albrecht Aldehoff nach 11 Jahren Präsidentschaft sein Amt nieder und Hans Freischlad trat die Nachfolge an. Hans Freischlad und die Vereinigung der Rheinländer waren untrennbar miteinander verbunden. In Duisburg aufgewachsen, kam er 1934 nach Braunschweig und trat sofort den Rheinländern bei. Bereits 1935 wurde er in den Vorstand gewählt und war ab 1937 Vorsitzender und Präsident. Hans Freischlad leitete den letzten Büttenabend vor dem Zweiten Weltkrieg, der Abend wurde am 20.02.1939 im Kursaal von Bad Harzburg durchgeführt und eine Militärkapelle unter der Leitung von Dirigent Braaz sorgte für die musikalische Unterhaltung. Hans Freischlad mußte 1940 in den Krieg ziehen und geriet in russische Gefangenschaft. An anderer Stelle dieser Chronik wird bereits über den Neubeginn nach dem Krieg berichtet.
In der Session 1950/51 wurde Hans Freischlad die höchste karnevalistische Ehre zuteil. Er war Prinz Karneval und sein Prinzenkostüm kostete damals die ungeheure Summe von DM 200,-
Eine kleine Begebenheit am Rande: Noch bevor Hans Freischlad den ersten Veranstaltungsort seiner Regentschaft erreichte, war ein problematischer Fleck auf seinem Kostüm. Hans Freischlad geriet beim Aussteigen gegen das Türschloß des Autos und hatte nun einen öligen Fleck „auf der weißen Weste.“. Seine liebe Frau hatte alle Hände voll zu tun, dieses Malheur zu vertuschen. Aufgefallen ist es niemand, selbst Prinz Hans I. hat nichts davon mitbekommen.
Er war Wegbereiter für die Gründung der Interessen-
Hans Freischlads gereimte Dankesworte für Aktive begründeten sich in seiner unverwechselbaren Art, mit Schwung und Mutterwitz, mit Elan nd rheinischem Humor eine Veranstaltung zu meistern, ja zu einem Erlebnis werden zu lassen.
„Was für den Bahnhof sind die Schienen,
was für die Blüten sind die Bienen,
was für Köln ist Rhein und Dom
sind für die Rheinländer Vater und Sohn.“
Ein Vers von Hans Freischlad, der zusammen mit Willi Opfermann als Vater und Sohn oder als Knallköppe in unschlagbarer Manier über viele Jahre hinweg die Lachmuskeln unzähliger Menschen strapaziert hat. Zwei Tage vor einem solchen Auftritt hatten die beiden noch keinen Finger krumm gemacht, kein Konzept. Sie haben es verstanden, als Meister der Improvisation ein Wortspiel zu entwickeln und einen Vortrag aufzubauen, wie er auch mit intensivster Vorarbeit nicht besser hätte sein können. Für Hans Freischlad bedeutete der Karneval mehr als nur Fröhlichkeit, weil es der Kalender so will. Es kam wohl nicht von ungefähr, daß der Komponist Willi Ostermann in seiner Gunst ganz oben stand, schwingen doch in diesen Liedern Heimatverbundenheit und ein tieferer Sinn mit. Bezeichnend dafür mag jenes Lied sein, das auch früher unter den Präsidenten Robert Jacobs, Heinrich Breuer und Albrecht Aldehoff immer und besonders in schweren Zeiten auf allen Veranstaltungen der Rheinländer ein fester Bestandteil war:
„Möch ich direkt op Heimat schwenke,
ich möch zo Foß no Kölle jon.“
Hans Freischlad, ein Mann voller Ideen, voller Aktivitäten, ein Vollblutkarnevalist, der zu jenen Menschen zählt, die es verstehen, im geeigneten Moment in die zweite Reihe zurückzutreten. 1977 hielt er es für angebracht, das Amt des Vorsitzenden in jüngere Hände zu legen und damit auch neuen Ideen und einer positiven Weiterentwicklung der Vereinigung der Rheinländer Raum zu geben. Hans Freischlad hat in seiner Amtszeit wichtige Weichenstellungen vorgenommen, die für die heutige Vereinsführung noch von Bestand sind. 1966 zog man mit den Veranstaltungen um in die neuerbaute Stadthalle, die auch heute einen repräsentativen Rahmen für den Karneval in Braunschweig abgibt. Wir werden um diese Halle und die hier gegebenen Möglichkeiten von vielen Karnevalsgesellschaften und Vereinen beneidet. Seit 1967 ziehen die Rheinländer zu jenen Menschen in die Altentagesstätten und Seniorenheime, die nicht mehr selbst zu den Veranstaltungen kommen können. Seit 1971 wird darüber hinaus im Auftrag der Stadt Braunschweig in der Stadthalle eine große Prunksitzung für Senioren durchgeführt. So nehmen auch alte Menschen am karnevalistischen Geschehen in Braunschweig teil und sind sehr dankbar für den selbstlosen Einsatz der Aktiven. Ausverkaufte Säle und vollbesetzte Räume in den Tagesstätten sind ein sicherer Beleg.
Eine neue Zeit beginnt
Norbert Czok ist seit 1977 Vorsitzender und Präsident der Karneval-